Im Jahr 1845 wurde Johann Georg Mahl zum Fürstlichen Hofschlosser ernannt. Nun, über 170 Jahre später, öffnet Volker Mahl die Türe zur Familiengeschichte: In einer Ausstellung im Atelierhaus der Doerfler-Galerie sind die unverwüstlichen Schätze der Schmiede und Schlossermeister der Familie zu sehen – inklusive einer funktionsfähigen Werkstatt.

 

Fürstlicher Hofschlosser Volker Mahl | Foto: Andrea Müller

Eine Welt für sich

„Die Werkstatt Mahl war immer ein heiliges Reich“, erinnert sich Volker Mahl schmunzelnd. „Da durfte keiner so einfach rein.“ Seine Tante Edith hielt die Werkstatt „Am Wall 3“, nur einen Steinwurf vom Schloss entfernt gelegen, verschlossen. Einerseits eine resolute Anstrengung, andererseits wäre ohne jene Tante wohl kaum erhalten geblieben, was heute wie ein Blick durch ein Zeitfenster anmutet.

Die Mahls lebten einst zu Fuße von Schillingsfürst, in Frankenheim. Hier sollten sich auf Geheiß des Fürsten Philipp Ernst im 18. Jahrhundert die Handwerker ansiedeln. Das Haus des Schneidermeisters Johann Anton Mahl befand sich in Frankenheim Nr. 206, heute Hirtengässchen 7.

Der Schneidermeister schickte seinen Sohn Johann Georg (1819 – 1908) in die Lehre zum Schmied Abel und säte somit die kunstfertige Leidenschaft in die Mahls-Familie. Vom Vater zum Sohn wurde das Handwerk des Schmiedens weitervererbt bis hin zu Volker Mahl, der in der 5. Generation diesmal in die Fußstapfen seiner beiden Onkel Hans und August Mahl gestiegen ist.

Von unten nach oben

Nachdem 1845 Johann Georg Mahl mit seiner Werkstatt zur Fürstlichen Hofschlosserei ernannt wurde, mussten die Mahls die schweren Handwerksstücke stets mit dem Leiterwagen hoch zum Schloss bringen. Abhilfe kam eine Generation später: Johann Friedrich Mahl erstand 1872 eine Hälfte des Hauses „Schillingsfürst Nr. 10“, heute „Am Wall 3“, mit Schmiedgerechtigkeit. Sechs Jahre später erwarb er die zweite Hälfte. Von 1878 bis etwa ins Jahr 2000 wurde hier die Schmiedewerkstatt der Mahls betrieben. Zuletzt unter dem wachsamen Auge der Tante Edith.

Sowohl Werkstücke als auch Einrichtung sind in einer Ausstellung in der Doerfler-Galerie zu sehen. Volker Mahl will nicht nur geschmiedete Objekte ausstellen, sondern ein Gefühl für die Kunstfertigkeit seiner Vorfahren vermitteln. Die kunstvollen Schlösser von seinem Groß- und Urgroßvater, eines davon ist datiert im Jahr 1888, sind mit verzierten Messingeinsätzen geschmückt.

Die Schlüssel dazu, auch handgemacht, mit Innenbesatzung, waren einst das Modernste auf dem Gebiet der Sicherheit. „Schmiede waren Mitglieder der Zunft und hoch angesehen“, erklärt Volker Mahl. „Konnten sie doch nicht nur Schlösser fertigen, sondern wussten auch wie die Mechanismen zu öffen sind.“

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Leidenschaft – Hofschlosserei Mahl

Die Familie Mahl war also gern gesehen in Schillingsfürst, im Fürstenhaus und bei den Bürgern. Auch wenn der Titel „Fürstliche Hofschlosserei“ gewisse Einnahmen garantierte, so fertigten die Mahls ebenso für die Einwohner in Schillingsfürst.

Handgeschmiedete Türen für Holzbacköfen, herausgetriebene Backformen aus Kupfer, Küchenteile aus Aluminium (das bei der Weltausstellung in Paris im Jahr 1867 viel Aufsehen erregte und einst so teuer wie Gold war) wie auch Degenhandschuhe für die Burschenschaft der Augsburger Uni kamen aus der Werkstatt Mahl.

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Ein eiserner Zaun für die Ruhestätte

Mit seinem Meisterstück von 1845 hat es Johann Georg Mahl zum Fürstlichen Hofschlosser geschafft.

Die Einzäunungen des Mausoleums im Kardinalsgarten, die Beschläge an der originalen Eingangstüre zum Mausoleum, das Friedhofstor, Einzäunung und Tor des Rathauses in Schillingsfürst und auch die Kirchenbeschläge und Türbänder (aus 1898) in Diebach haben die Vorfahren von Volker Mahl hergestellt. Alles, was man aus Blech und Eisen fertigen konnte, wurde in dem Feuer der Mahls zu einem Gebrauchsgegenstand geschmiedet. Der Kontakt zu den Schlossherren war immer gut. „Fürst Karl Albrecht kam zur Hochzeit meines Onkles in dessen Haus“, erzählt Volker Mahl, „und wenn die Fürstin heute etwas braucht, dann ruft sie mich einfach an.“

Volker Mahl selbst kam erst auf Umwegen zum Schmieden. Im Jahr 1983 hat er in der Bäckerei Braun in Schillingsfürst eine Bäckerlehre gemacht, dann lange als Bäcker gearbeitet. Danach war er bei der Firma Dinzl beschäftigt. Er erinnerte sich aber stets an den Klang des Ambosses, an den Geruch des Feuers in der Werkstatt des Onkels. „Da geht mir das Herz auf“, sagt der 50-Jährige lachend. Also hat er vor 20 Jahren noch eine Lehre zum Schmied gemacht und danach mehrere Jahre als Kunstschmied und Bauschlosser gearbeitet.

Heute betreibt er sein Gewerbe nur noch nebenberuflich.

In der neu eingerichteten Werkstatt im „Haus der Heimat“ in Schillingsfürst. Foto: Andrea Müller

 

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Kunstfertige Schmiedearbeiten

In der Scheune neben seinem Haus, nun wieder am Fuße des Schlosses, hat er sich eine Werkstatt eingerichtet. Über 100 Hämmer und über 80 Schmiedezangen hängen fein säuberlich aufgereit an der Wand: darunter selbst hergestelltes Werkzeug, von Volker Mahl ebenso wie von seinen Vorfahren.

Ein handgemachter Meißel oder ein Hammer speziell für das Gesellenstück sind für die kunstfertige Perfektion unabdingbar. Heute ist Volker Mahl immer dann im Einsatz, wenn noch echtes Handwerk gefragt ist. Bei Restaurierungsarbeiten, Sonderanfertigungen oder bei der Herstellung von Unikaten kann er seine Leidenschaft ausleben.

Für die Ausstellung in der Doerfler-Galerie hat er das eine oder andere Exemplar aus der Sammlung Mahl auf Vordermann gebracht. Alte Schnappschlösser liegen gereinigt und geölt in Kisten bereit. Fensterreiber aus dem 19. Jahrhundert, handgemachte Türbänder und vielleicht eines der ersten handgesschmiedeten Vorhängeschlösser dürfen gerne die Patina vergangener Jahrhunderte behalten.

In einer Vitrine bewahrt Volker Mahl ganz eigentümliche Werke seiner Vorfahren auf: In harten Zeiten haben die Schmiede alles an Material genutzt, was ihnen zur Verfügung stand. So gibt es aus der Werkstatt Mahl eine Blumenvase aus Granathülsen, datiert im Jahr 1940 mit „Gruß aus Schillingsfürst“, und ein Schnapsgläserset aus abgeschossenen Flak­Hülsen. In seiner Werkstatt zeigt Volker Mahl eine alte Kokillenzange. Damit wurden für die Schlossherren einst Geschosskugeln aus Blei hergstellt. ac

Text und Fotos: Andrea Müller
Quelle: Rotour, Nr. 05 / 2013

 

 

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